Nur wenige Tage nach den ersten israelischen Militäroperationen im Gazastreifen – die Reaktion auf den Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 – kam es weltweit zu ersten Kundgebungen, die sich als "propalästinensisch" deklarierten: Es gehe nicht an, dass Israel mit seinen Vergeltungsmaßnahmen für einen Angriff durch eine islamistische Terrororganisation ein ganzes Volk ins Visier nehme und in die Flucht treibe, so der Tenor.

Propalästinensische Demonstrierende.
Propalästinensische Studierende harren seit fast zwei Wochen auf dem Campus der George Washington University aus.
IMAGO/Natascha Tahabsem

Von Anfang an waren die Universitäten eine Art Hotspot dieser Protestbewegung, die sich anfangs vor allem in den USA herausbildete. Die Kritik galt dabei nicht nur Israels politischer und militärischer Führung, sondern auch den USA – und hier vor allem Präsident Joe Biden, der sich voll und ganz auf die Seite der weit rechts stehenden israelischen Regierung stellte. Diese wiederum will die Hamas erklärtermaßen vollständig vernichten. Diese Art der sehr breiten Kriegsführung, die Zivilisten kaum oder nicht verschont, wird von Exponenten der universitären Protestbewegung in den USA als Genozid (Völkermord) bezeichnet.

Mitte April intensivierten sich die Proteste an vielen US-amerikanischen Unis – so mancher Campus wurde zum Protestcamp umfunktioniert. So geschah es auch auf dem Gelände der Columbia University in New York. Fast gleichzeitig meldeten auch die Harvard University (Massachusetts), die University of California (Los Angeles und Berkeley), die George Washington University (Washington, D.C.), die University of Texas (Austin) und zahlreiche weitere Hochschulen in den USA, Kanada und Europa ähnliche Aktionen ihrer Studierenden – aber auch zahlreicher außeruniversitärer Personen.

Gemeinsame Forderungen

Gemäß Berichten des US-Infoportals Axios wurden bis dato bei polizeilichen Räumungen solcher Protestcamps mehr als 2400 Personen an mindestens 51 Hochschulen im Bundesgebiet der ganzen USA zumindest vorübergehend festgenommen. Aus mehr als 120 Hochschulen in den USA habe es bis jetzt Berichte von Kundgebungen, Sit-ins oder Protestcamps gegeben.

Die Studierenden fordern, dass sich ihre jeweilige Alma Mater von Sponsoren trennt, die finanzielle Verbindungen zu Israel unterhalten und den Krieg Israels in Gaza unterstützen. Auch so manche akademische Kooperation mit anderen universitären Einrichtungen in Israel sei zu beenden. Wie US-Medien in den vergangenen Wochen fast einhellig berichteten, würden die Camps und Sitzstreiks zumeist weitgehend friedlich verlaufen, Konflikte mit anderen Kommilitonen, Professoren oder anderem Universitätspersonal seien die Ausnahme. Wenn die Lage eskaliere, dann fast nur im Rahmen polizeilicher Aktionen. Mehrere Unis sagten aufgrund der aktuellen Lage ihre oft groß inszenierten Abschlussfeierlichkeiten ab.

Nun hat die Welle auch Europa erreicht: Am Dienstag beendete die niederländische Polizei eine Demo an der Universität von Amsterdam; auch an der Freien Universität Berlin wurde eine Räumung angeordnet. In England kritisierte Bildungsministerin Gillian Keegan die Protestcamps in Oxford und Cambridge sowie an weiteren Hochschulen. (Gianluca Wallisch, 7.5.2024)