Das Klangforum Wien bot ein anspruchsvolles Programm.
Das Klangforum Wien bot ein anspruchsvolles Programm.
Cornelia Neuwirt / Klangforum

Es gibt nicht viele Menschen, die schon vor ihrer Geburt intensiv mit Neuer Musik beschallt worden sind. Das Kind der australisch-schweizerischen Dirigentin Elena Schwarz wird dies eines Tages von sich behaupten können. Seine Mutter hat am Samstag, rund vier Wochen vor dem errechneten Geburtstermin, noch einen Auftritt des Klangforum Wien im Konzerthaus geleitet und dabei ein anspruchsvolles Programm bewältigt: Die Komponistennamen Georges Aperghis, Stefano Gervasoni und Pierluigi Billone bürgen für klingende Komplexität und ein hohes Dissonanzenaufkommen.

Der Abend gestaltete sich dennoch weitgehend unterhaltsam. Aperghis lässt einen federleichten Vibe durch sein Stück Hopse, eine Hommage an kindliche Hüpfspiele, wehen; lebhafte Kontraste und ein quirliger Impetus machen die 20 Minuten zu einem tönenden Springinkerl.

Intensive Musik

Der italienische Kollege Gervasoni verhandelt unter dem Titel Eufaunique dagegen ein hirnschweres Thema: Seine 20 Minuten versuchen nicht weniger, als die historische, allmähliche Entfremdung zwischen Mensch und Tier in Musik zu setzen. Den fröhlichen Urzustand schildert ein schrilles Klangwimmelbild der Artenvielfalt, danach trübt sich der Sound allmählich beklemmend ein. Packend, wie Gervasoni dabei Kontrasteffekte auskostet und berserkerhafte Rhythmen auf düstere Flüsterpassagen prallen lässt: Intensive Musik, an der sich das Ohr nicht stumpfhört.

Das lässt sich von Billones Mani.Long, 2001 im Auftrag des Klangforum entstanden, leider nicht ganz behaupten. Das 50-Minuten-Stück wirkt wie eine geräumige Ausstellung, in der herbe Holzbläser-Soli, Perkussionsrituale auf verschiedenen Werkstoffen, Sprechgesänge und verwischte Klangflächen gewissermaßen die Exponate bilden. Ein Episodenwerk mit starken Momenten, aber auch Längen. Letztendlich dennoch Jubel für das Klangforum und seine gestisch präzise – und überraschend wendige – Dirigentin. (Christoph Irrgeher, 6.5.2024)