Wladimir Putin im Kreml.
Federnden Schrittes ging Putin in seine fünfte Amtszeit.
via REUTERS/Sergei Bobylev

Drei Tage dauert das Spektakel, mit dem sich der alte und neue russische Präsident in Szene setzen will. Am Dienstag die Amtseinführung und Vereidigung Wladimir Putins, am Mittwoch der Gipfel der Eurasischen Wirtschaftsunion mit vielen ausländischen Staatsgästen und am Donnerstag dann auf dem Roten Platz in Moskau die traditionelle Siegesparade zur Feier des Endes des Zweiten Weltkriegs. Quasi als Vorgeschmack können die Russen seit Tagen schon im Park Pobeda, im Siegespark in der Moskauer Innenstadt, Beutepanzer aus dem Ukrainekrieg besichtigen. Darunter auch ein deutscher Leopard-2-Panzer, unzerstört und angeblich fahrbereit.

Drei Tage Inszenierung, doch viele Moskauerinnen und Moskauer interessiert das Ganze nur wenig. Sie verbringen die arbeitsfreien Tage lieber auf der Datscha außerhalb der Stadt.

Am Dienstag zu Mittag legte Putin den Eid für eine weitere Amtszeit ab. Damit begannen für ihn sechs weitere Jahre als Staatschef. Die Zeremonie im Moskauer Kreml fand vor hochrangigen Gästen statt. Zu sehen war auch Ramsan Kadyrow, der angeblich schwer kranke Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Die Ukraine forderte dazu auf, Putin nicht mehr als legitimes Staatsoberhaupt von Russland anzusehen. Die USA blieben der Amtseinführung fern. Genauso wie die meisten Botschafter der EU-Mitgliedsstaaten. Auch Österreich war nicht vertreten. Nur einige wenige Staaten wie die Slowakei und laut Medienberichten auch Malta, Ungarn, Griechenland, Zypern und Frankreich schickten Vertreter.

Dialog und Schicksal

"Wir sind ein einziges und großes Volk, und gemeinsam werden wir alle Hindernisse überwinden. Gemeinsam werden wir gewinnen", sagte Putin bei seiner Vereidigung. "Wir werden das Schicksal Russlands selbst bestimmen und nur für uns selbst – für heutige und zukünftige Generationen." Und weiter: "Wir lehnen den Dialog mit den westlichen Staaten nicht ab – die Wahl liegt bei ihnen."

Schon früher hatte der russische Präsident erklärt, eine neue, multipolare Weltordnung anzustreben – weg von einer Vormachtstellung der USA. Die wirtschaftliche Dynamik sei gut, die Basis solide, sagte Putin Ende April. Russland verkauft Öl und Gas, vor allem in Richtung China und Indien. Die Kriegswirtschaft ist hochgefahren, Russland rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von drei Prozent in diesem Jahr. "Die Erfolge Russlands bei der Adaption an den Krieg haben tatsächlich die Erwartungen übertroffen", meint der Politologe Maxim Samorukow von der US-Denkfabrik Carnegie.

Der Rote Platz in Moskau vor den Feierlichkeiten.
Der Rote Platz in Moskau vor den Feierlichkeiten.
AFP/NATALIA KOLESNIKOVA

Doch innenpolitisch kommt Russland nicht zur Ruhe. Die Sicherheitslage im Land ist alles andere als stabil. Der Schrecken über den Terroranschlag auf die Konzerthalle Crocus City Hall bei Moskau hallt nach. Der Fall des hochrangigen Vize-Verteidigungsministers Timur Iwanow beschäftigt die Öffentlichkeit. Er sitzt in Untersuchungshaft, er wird verdächtigt, Bestechungsgelder angenommen zu haben. Das Vorgehen gegen den Vertrauten von Verteidigungsminister Schoigu zeigt nach Meinung von Experten, dass es im Machtgebälk des Kreml knirscht. "Die Widersprüche im Inneren des Systems wachsen", sagt etwa der Politologe Andrei Perzew.

Konkrete Vorwürfe

Noch frisch ist die Erinnerung an den Aufstand des Chefs der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, vor einem Jahr. Dieser hatte Verteidigungsminister Schoigu massive Korruption und schwere Versäumnisse vorgeworfen. Die Regionen an der Grenze zur Ukraine, vor allem Belgorod, sind ständig Angriffen von ukrainischer Seite ausgesetzt. Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass Putin seine Sicherheitsversprechen nicht einhalten könne.

Putins Wiederwahl war eine Wahl mitten im Krieg. Doch ein großes Wahlkampfthema war der Krieg nicht. Für Putin stehe das Thema natürlich an erster Stelle, meint der unabhängige russische Politologe Alexander Kynew. Doch in der russischen Bevölkerung mache sich Kriegsmüdigkeit breit. "Jedes Gespräch über den Krieg führt zu der Frage: Wann hört er auf?", meint Kynew. "Die Staatsmacht hat darauf keine Antwort. Deshalb geht sie der Diskussion aus dem Weg." Ernsthafte Friedensverhandlungen sind aber nicht in Sicht.

Noch ist Russland stabil. Wenn Putin 2030 erneut gewählt wird, dürfte er auch auf die längste Zeit eines russischen Herrschers zusteuern. Bereits 2028 hätte er den sowjetischen Diktator Josef Stalin eingeholt und später vielleicht auch Katharina die Große, die Russland 34 Jahre lang regiert hat. (Jo Angerer aus Moskau, 7.5.2024)

Putins Auftritt.