Arbeiter in einer Lithium-Mine in Kärnten.
Viele Investitionen in den Abbau kritischer Rohstoffe fließen aus Drittländern in die EU. So auch bei der Lithium-Mine auf der Koralpe.
European Lithium

Photovoltaik, Windkraft, Elektroautos: Für die Energie- und Verkehrswende braucht es enorme Mengen verschiedenster Rohstoffe. Doch insbesondere beim Abbau und der Verarbeitung sogenannter kritischer Rohstoffe hinkt Europa und damit auch Österreich dem weltweiten Wettrennen hinterher. China eilt meilenweit voraus, und auch sonst sind die Lieferketten geprägt von autoritären Regimen und politisch instabilen Ländern. Abhängigkeiten reduzieren, lautet also das Motto, das man nicht nur in Österreich vertritt, sondern auch auf EU-Ebene.

Nicht nur bei dem eher neuen Thema der kritischen Rohstoffe dominiert der asiatische Kontinent. Generell wächst Asien dem Rest der Welt davon, 2022 war es für 62 Prozent der weltweiten Bergbauproduktion verantwortlich. Europas Anteil liegt hingegen bei vergleichsweise mickrigen sechs Prozent – und nahm in den vergangenen 22 Jahren gar um knapp 36 Prozent ab, während die Produktion in Asien um 128 Prozent anstieg.

Kritische Rohstoffe in Taxonomie-Verordnung?

"Wenn wir im internationalen Wettbewerb mithalten wollen, müssen wir unsere Rolle stärken", bilanzierte Andreas Reichhart, Sektionschef für Innovation und Telekommunikation im ÖVP-geführten Finanzministerium, am Dienstag vor Journalisten. Während sich Finanzminister Brunner beim Bergbau noch auf Neuland befindet – schließlich ist die Zuständigkeit erst vor zwei Jahren in sein Ressort gewandert –, verfügt Reichhart bereits über einiges an Erfahrung.

Während also Reichhart die Abhängigkeiten Europas darlegte und mit Zahlenmaterial untermauerte, fokussierte sich Brunner auf jene Aspekte, die mehr in seiner Kompetenz liegen: Rohstoffpolitik mit Finanzpolitik zu verknüpfen. Um die Rohstoffversorgung innerhalb der eigenen Grenzen zu stärken, bekräftigte er eine Forderung, die er bereits vor einiger Zeit gemeinsam mit Deutschland und Frankreich an Brüssel gerichtet hatte. Demnach sollen kritische Rohstoffe in die sogenannte Taxonomie-Verordnung aufgenommen werden. Ökologisch nachhaltigen Projekte soll so mehr Geld zukommen.

Kapitalströme sollen also in jene grünen Bahnen gelenkt werden, die zur angestrebten Klimaneutralität 2050 führen sollen. Besonders für kritische Rohstoffe wären derartige Investments dringend notwendig, braucht der Abbau von Lithium und Co doch reichlich Risikokapital, etwa weil die Abbaumengen doch geringer ausfallen können und die Rohstoffpreise erheblichen Schwankungen unterliegen. "Aktuell sind Investitionen in derartige Projekte nicht mit den Kriterien der Verordnung vereinbar. Damit gefährdet man die Klimaziele", warnt der Finanzminister.

Abhängigkeiten reduzieren als einziger Weg

Eine Mehrheit in Brüssel konnte der Vorschlag bislang nicht erringen, Maßnahmen gibt es auf EU-Ebene aber auch abseits dessen. Mit dem Critical Raw Materials Act (CRMA) will man bis 2030 von keinem Drittland und bei keinem Rohstoff zu mehr als 65 Prozent abhängig sein. Zugleich sollen zehn Prozent des jährlichen Bedarfs innerhalb der EU-Grenzen produziert werden, weitere 25 Prozent aus recyceltem Material stammen.

Auf österreichischem Boden möchte Finanzminister Brunner indes gleich an mehreren Schrauben zu drehen beginnen. Zehn Millionen Euro sollen in den kommenden zwei Jahren in den gesamten Bergbau fließen, bürokratische Hürden ebenso abgebaut werden wie legistische. Das zentrale Element dabei: beschleunigte Genehmigungsverfahren. Allein auf Österreichs Initiative geht dies jedoch nicht zurück, bereits im CRMA wird festgehalten, dass derartige Verfahren auf maximal zwei Jahre gekürzt werden sollen. Je nach Rohstoff dauert dies aktuell gut und gerne fünf bis zehn Jahre.

Ob das reicht, um den Bergbau nach Jahrzehnten der Vernachlässigung wieder auf Schiene zu bringen, ist fraglich. Laut Sektionschef Reichhart ist jedenfalls klar: "Vom Potenzial her gibt es einiges in Europa, aber wir werden immer mehr Bedarf haben, als wir selbst gewinnen können." (Nicolas Dworak, 7.5.2024)